Tag 1 (1.8.2003)

Jahrhundert-Hitze-Sommer 2003. Die Temperaturen ein Europa sind seit Monaten auf Spitzenwerten, kein Regen, keine Abkühlung weit und breit. In dieser Gluthitze haben wir geheiratet. Wer als Mann schon als Protagonist an einer Hochzeit teilnehmen durfte, kann vielleicht nachfühlen: Unterhemd, Hemd, breite Karwatte (Plastron), Gilet, Anzugjacke; die ideale Bekleidung für den heissen Tag. Frauen haben’s im Sommer gut: Meist Schulterfrei und ein je nachdem luftiger Rock – die leiden dafür bei Hochzeiten im Winter, aber ich schweife ab. Wir freuen uns inwischen, für unsere Hochzeitsreise Kanada ausgesucht zu haben. Es soll unser erster Besuch im Land der Sirupbäume werden. Nachdem wir schon diverse Male in den USA die Ferien verbracht haben, soll es mal beim nördlichen Nachbarn sein. Wir haben im Vorfeld befürchtet, dass Kanada aufgrund seiner nördlichen Lage etwas zu kühl sein könnte, aber bei dem Wetter in Europa, muss es dort ja auch angenehm warm sein… Da wir das bei der Buchung aber noch nicht absehen konnten, haben wir eine Woche Florida im Anschluss dazugebucht. Dort ist im Sommer ganz sicher warm, und wenn man schon mal den Atlantik hinter sich gebracht hat, ist’s ja nicht mehr so weit. Die Koffer sind eingecheckt, das Handgepäck beschriftet: Es kann los gehen… Wir fliegen mit Air Canada. Leider ist die Airline kurz vor der Pleite und steht unter Insolvenzschutz. Das spürt man nicht zu letzt am Service, welcher alles andere als hervorragend ist. Wenigstens ist die Sicht auf die Alpen nach dem Start wunderbar. In Toronto angekommen, erfahren wir zum ersten Mal, dass Kanada halt doch etwas anders funktioniert als die USA. Die Lungenkrankheit SARS ist gerade auf dem Höhepunkt der Verbreitung und einer der globalen Brennpunkte ist ausgerechnet Toronto. Die WHO riet im April 2003 dringend von Reisen nach Toronto ab und empfohl, alle Flugpassagiere medizinisch zu testen. Inzwischen ist zwar August, aber wir rechnen schon mit Fiebermessen am Flughafen, Schutzmasken oder noch drastischeren Massnahmen. Tatsächlich wird uns ein Flugblatt abgegeben, man solle sich doch bitte melden, falls man Fieber habe oder sich unwohl fühle. That’s it. Welcome to Canada. Von Seiten Toronto Airport will man sich erst mal nicht festlegen, an welchem Gepäckband unsere Koffer denn nun auftauchen sollen; die Anzeige wechselt 3 Mal und die ganze Meute aus den Flugzeug durchquert den Gepäckbereich dreimal, bevor dann endlich die Koffer auftauchen. Die Einreise ist ähnlich müsam wie in den USA. Endlose Schlangen, bevor man einem Einreisebeamten erzählen darf, dass man Urlaub machen will. Die Typen sind irgendwie immer neidisch… oder mein‘ ich das nur?

Jetzt noch schnell in’s Parkaus und das Mietauto schnappen… Denkste! Irgendwer hat Mist gebaut. Unser Wagen steht in Vancouver für uns bereit. Vancouver! 3’400 km von Toronto entfernt. Welcome to Canada (again)… Nach einer gefühlten Ewigkeit taucht dann endlich ein Auto auf. Brandneu, sozusagen ab Fabrik. Kein Upgrade zwar, aber immerhin. Wir werden uns Mühe geben, die Karre anständig einzufahren *harr, harr*. Der Weg in die Innenstadt von Toronto ist nicht weit vom Flughafen aus. Wir suchen und finden unser Hotel, stellen das Auto in die Tiefgarage und haben nur noch einen Wunsch: Schlaf.